Skip to content

Geschichte und Fakten über die Stadt Tartu

Foto: Mana Kaasik

Viele Namen, eine Liebe

Im Laufe seiner langen und wechselvollen Geschichte trug Tartu viele verschiedene Namen – Tarbatu, Dorpat, Dorpt, Dörpt, Derpt und Jurjew, und es gibt keine andere Stadt in Estland, die so oft verwüstet und niedergebrannt wurde wie Tartu. Heute ist Tartu als zweitgrößte Stadt Estlands zu einem wichtigen Zentrum geworden.

Suvine droonivaade Emajõele Tartus
Fluss Emajõgi, Ragnar Vutt

In den sumpfigen Ebenen des Flusses Emajõgi, wo die sandigen Hügel, die sich auf dem Gebiet von Tartu gebildet hatten, die Überquerung des Flusses erleichterten, entstand bereits vor mehreren Jahrhunderten eine Siedlung. Die Existenz der Burg auf dem Domberg geht auf das 5. Jahrhundert zurück, während die archäologischen Funde der Kunda-Kultur, die in den heutigen Grenzen der Stadt im Stadtteil Ihaste beheimatet war, die Geschichte von Tartu sogar auf bis zu 10 000 Jahre verlängern könnte. In den alten russischen Chroniken wird Tartu erstmals im Jahr 1030 erwähnt, als die Truppen von Jaroslaw dem Weisen die Stadt einnahmen. Diese schriftlichen Quellen machen Tartu zur ältesten Stadt im Baltikum. Bereits im Jahr 1061 eroberten die Esten Tartu von Jaroslaw dem Weisen zurück. Im Krieg gegen den Deutschen Orden, der in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts begann, stand Tartu mehrmals unter der Herrschaft verschiedener Nationen, bis es 1224 schließlich unter deutscher Herrschaft verblieb.

Tartu hat oft die Herrscher gewechselt

Bischof Hermann wurde mit Tartu und seiner Umgebung betraut, sodass die Stadt zum stolzen Zentrum eines mittelalterlichen Vasallenstaats wurde – des Bistums Dorpat. In den 1280er Jahren wurde Tartu Mitglied der Hanse und entwickelte sich zu einer blühenden Handelsstadt an der Handelsstraße zwischen Pskow und Nowgorod. Bis heute werden in Tartu jährlich die Hansetage gefeiert.

Zu Beginn des Livländischen Krieges im Jahr 1558 wurde Tartu von russischen Truppen erobert, unter deren Herrschaft die Stadt bis zum Jahr 1582 blieb, als das südestnische Gebiet nach dem Frieden von Jam Zapolski unter polnische Herrschaft kam. Während seiner Regierungszeit erteilte der polnische König Stephan Báthory Tartu unter anderem die Erlaubnis, eine rot-weiße Flagge mit gleichmäßiger horizontaler Teilung als Stadtflagge zu verwenden, die zusammen mit dem Wappen der Stadt in der Mitte bis heute in Gebrauch ist. Während der polnisch-schwedischen Kriege zu Beginn des 17. Jahrhunderts stand die Stadt unter der Herrschaft verschiedener fremder Mächte, bis sie schließlich im Jahr 1625 unter schwedische Herrschaft geriet.

Tartu lipp
Die Flagge von Tartu

Zentrum für spirituelles und soziales Leben

Droonivaade Ülikooli peahoonele
Die Universität von Tartu, Ragnar Vutt

Während der schwedischen Herrschaft wurde das erste Gymnasium in Tartu gegründet (1630), ebenso wie die erste Universität im Jahr 1632, die nach ihrem Gründer König Gustav II. von Schweden benannt war. Heute trägt sie den Namen Universität Tartu und steht auf der Liste der renommiertesten Universitäten der Welt unter den ersten 400. Der Machtkampf ging weiter und behinderte vermehrt die Arbeit der Universität. Aufgrund der aufgeheizten internationalen Lage wurde die Universität zunächst nach Pärnu verlegt, wo sie schließlich sogar geschlossen wurde. Nachdem die Stadt infolge des Großen Nordischen Krieges erneut unter russische Herrschaft geraten war, begann der Wiederaufbau der vom Krieg zerstörten Stadt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Universität Tartu schließlich wiedereröffnet.

droonivaade udu sees olevale Eesti Rahva Muuseumi hoonele
Estnisches Nationalmuseum, Simo Sepp

Tartu wurde zu einem wichtigen intellektuellen Zentrum des russischen Reiches und entwickelte sich später zum Zentrum des intellektuellen und gesellschaftlichen Lebens in ganz Estland. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Tartu von deutschen Truppen kontrolliert, aber bereits 1919 erlangte Estland die Stadt bis zur Besetzung durch die Sowjetunion zurück. In den Jahren 1944–1991, als Tartu zusammen mit dem übrigen Estland zur Sowjetunion gehörte, war die Stadt aufgrund verschiedener geheimer Industrieunternehmen und des Flugplatzes für strategische Bomber in Raadi für Besucher gesperrt.

Der Rathausplatz und die Altstadt

Vaade raekoja hoonele ja uuele linnaviidale
Rathaus, Mana Kaasik

Die Geschichte des Rathausplatzes, der seit Jahrhunderten das Zentrum der Stadt bildet, reicht bis in die frühe Geschichte zurück. Als Gebiet zwischen der Burg auf dem Domberg und dem Flusshafen am Emajõgi entwickelte er sich schon damals zu einem wichtigen Handelsplatz – eine Tradition, die über Jahrhunderte hinweg fortbestand. Es ist bekannt, dass sich hier im 18. Jahrhundert der wichtigste Markt der Stadt befand, der sogenannte Große Markt. Aufgrund von zahlreichen Zerstörungen und Verwüstungen lag Tartu viele Male in Trümmern, weshalb die Gebäude in der Stadt nicht sehr alt sind: Selten sind Gebäude zu finden, die vor dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts erbaut wurden. Die meisten Gebäude im Denkmalschutzgebiet der Altstadt sind im Stil des Klassizismus des 19. Jahrhunderts und des späteren Neoklassizismus gehalten. Der Turm des Rathauses im Barockstil bildet eine Ausnahme.

Vaade raekoja barokses stiilis tornile
Rathausturm, Timo Arbeiter

Das Rathaus, derzeit das dritte Gebäude an dieser Stelle, wurde im Mittelalter als Zentrum der städtischen Macht errichtet und beherbergt auch heute noch die Stadtverwaltung. Das Rathaus musste mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllen und war aus diesem Grund äußerst wirtschaftlich geplant: In der Vergangenheit beherbergte es den Stadtrat, die Waage sowie das Stadtgefängnis und zeitweise auch die Bank der Stadt. Im Jahr 1922 wurde im neu gestalteten Erdgeschoss des Rathauses eine Apotheke eröffnet, Jahre später kam auf derselben Etage, aber auf der anderen Seite des Gebäudes, das Besucherzentrum von Tartu hinzu. Seit 1998 schmückt ein Brunnen mit der Skulptur der „Küssenden Studenten“ die Vorderseite des Rathauses und ist zu einem Symbol der Studentenstadt Tartu geworden.

Öine droonivaade Tartu toomkiriku varemetele, valgusšhow ajal
Die Ruinen der mittelalterlichen Kathedrale, Mikk Otsar

In der Stadt gibt es viele historisch bedeutsame Kirchen: Eines der einzigartigsten Beispiele für mittelalterliche Sakralbauten in Nordeuropa, die Johanniskirche, befindet sich im Stadtzentrum. Auch die Ruinen der mittelalterlichen Kathedrale seien an dieser Stelle nicht unerwähnt – die Ruinen sind eines der auffälligsten Beispiele altlivischer Backsteingotik. Während des Livländischen Krieges wurde die Kirche verwüstet. Heutzutage sind die Aussichtsplattformen der Domkirche für Besucher geöffnet, von denen aus unter anderem die Jugendstilkirche St. Paul und die neugotische St. Peterskirche zu sehen sind, die sich beide außerhalb des Stadtzentrums befinden. Der Heilige Paulus und der Heilige Petrus sind die Schutzheiligen von Tartu, deren Symbole, das Schwert und der Schlüssel, auch auf dem Wappen zu sehen sind, das sich aus dem mittelalterlichen Stadtsiegel entwickelt hat.

Die Wiege der estnischen Kultur

Tartu spielte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der estnischen Kultur und des Nationalbewusstseins: Die erste nationale Elite ging aus der örtlichen Universität hervor, die ersten Zeitungen und Kulturvereine, das erste Nationaltheater – sie alle nahmen hier ihre Tätigkeit auf, und auch das erste nationale Liederfest fand hier statt. Als Wiege der estnischen Kultur hat Tartu schon immer gute Gedanken und intelligente Menschen angezogen, weshalb sie mit Stolz den Titel „Universitätsstadt und Stadt der Wissenschaften“ trägt. Die hiesige Geschichte der Wissenschaft reicht mehrere Jahrhunderte zurück. Viele weltberühmte Wissenschaftler und Gelehrte haben in Tartu gelebt und studiert. Zum Gedenken an die bedeutenden Persönlichkeiten wurden überall in der Stadt zahlreiche Denkmäler errichtet.  Die Hochschulen ziehen jedes Jahr eine fünfstellige Zahl von Studenten nach Tartu, die die Ideen und den unverwechselbaren Charakter ihrer Heimat mitbringen und die Stadt Tartu und die Geschichte der Wissenschaft mitprägen.

Droonivaade Tartu 2024. aasta laulupeole, koos inimestgea
Tartu Liederfest 2024, Peeter Paaver

Mehr über Tartu lesen

Tartu Information Centre
Raekoja plats 1a
50089 Tartu

Tourist information 
+372 744 2111
info@visittartu.com