Tartu war im Laufe der Jahrhunderte eine angesehene Kulturstadt
Aus der Universität ging die erste nationale Elite hervor, die ersten Zeitungen und Kulturgesellschaften nahmen hier ihre Tätigkeit auf, das Nationaltheater wurde hier gegründet und auch das erste nationale Sängerfest wurde hier organisiert. Neben der Universität Tartu werden die Geschichte und der Geist der Stadt durch mehrere Viertel mit Holzbauweise, historische Gebäude, verschiedene Museen und vieles mehr bewahrt.

Rathausplatz
Der trapezförmige zentrale Platz der Stadt, der Tartuer Rathausplatz, ist von neoklassizistischen Gebäuden umgeben. Im 18. Jahrhundert fand hier der wichtigste Markt der Stadt statt, der sogenannte Große Markt. Auf dem Platz steht das frühneoklassizistische Tartuer Rathaus, das dritte Gebäude an dieser Stelle. Seit 1998 schmückt der Brunnen mit den küssenden Studenten die Vorderseite des Rathauses und hat sich zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt. Täglich erklingt das Glockenspiel im Turm des Rathauses mit seinen 18 Glocken. 16 davon wurden zum 15-jährigen Jubiläum des Glockenspiels in der Königlichen Glockengießerei der Niederlande gegossen, die übrigen zwei stammen aus Karlsruhe. Sowohl der Rathausplatz als auch das Rathaus sind faszinierende Wahrzeichen, insbesondere aufgrund ihrer Architektur. Außerdem steht hier das Schiefe Haus, das auffälligste Gebäude an der Nordseite des Platzes, das aufgrund seiner auffälligen Neigung oft als Tartuer Pisaturm bezeichnet wird. In diesem Gebäude ist das Tartuer Kunstmuseum untergebracht. Am dem Fluss zugewandten Ende des Platzes steht ein gelber National Geographic-Rahmen, der im Rahmen von Tartu 2024 rosa gestrichen wurde, als Symbol für Tartu als einen von 21 Orten in Südestland, die man gesehen haben muss.
Europäische Kulturhauptstadt Tartu 2024
Tartu ist zusammen mit Südestland die Europäische Kulturhauptstadt 2024. Dies ist ein Großereignis für ganz Estland, in dessen Rahmen sowohl in Tartu als auch in ganz Südestland einzigartige kulturelle Erlebnisse stattfinden. Das einjährige Programm ist vom kreativen Konzept „Arts of Survival“ inspiriert. Darüber hinaus möchte Tartu 2024 Schritte in Richtung einer ökologisch nachhaltigen Zukunft unternehmen und sicherstellen, dass alle Veranstaltungen unter Berücksichtigung des Umweltbewusstseins organisiert werden.
Das Programm der Kulturhauptstadt umfasst Konzerte, Feste, Ausstellungen und vieles mehr. Tartu wird bei „Kissing Tartu“ ganz im Zeichen der Liebe stehen, mit „Naked Truth“ Raum für hitzige Debatten schaffen und im Sommer auf der „Autofreien Allee“ dazu einladen, das Stadtbild in entspannter Atmosphäre zu erleben. Das Programm wird über 1.000 abwechslungsreiche Veranstaltungen in die Stadt bringen. Entdecken Sie die Veranstaltungen von Tartu 2024.


Gebäude der Universität Tartu
Die Entwicklung Tartus als Kulturstadt wurde maßgeblich von der 1632 gegründeten Universität Tartu beeinflusst. Das Hauptgebäude der Universität ist unbestreitbar ein architektonisches Juwel. Sie wurde nach einem Entwurf von Johann Wilhelm Krause zwischen 1804 und 1809 erbaut und am 3. Juli 1809 offiziell eingeweiht. Seitdem spielt die Aula des Hauptgebäudes bei allen wichtigen Veranstaltungen und Feierlichkeiten der Universität eine entscheidende Rolle. In der Halle finden dank ihrer hervorragenden Akustik zudem Konferenzen und auch Konzerte statt.
Besucher können die neoklassizistische Aula und das historische Studentengefängnis im Dachgeschoss durch das Kunstmuseum der Universität Tartu erkunden. Das in der Kathedrale untergebrachte Museum der Universität Tartu vermittelt die Geschichte der Wissenschaft und der Hochschulbildung vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Unter der Schirmherrschaft der Universität können Sie auch das alte Observatorium von Tartu, das alte Anatomische Theater und den Botanischen Garten der Universität Tartu besuchen und natürlich ebenso das Naturhistorische Museum, das sich etwas weiter vom Stadtzentrum entfernt befindet.

Domberg
Wenn Sie durch das mittelalterliche Zentrum des Bistums Tartu schlendern möchten, sollten Sie sich auf den Weg zum Domberg (Toomemägi) machen. In der Antike befand sich hier die älteste Festung Estlands, Tarbatu, und später das Zentrum des Bistums mit seiner Bischofsburg und der Kathedrale. Nach dem Großen Nordischen Krieg wurden die während der schwedischen Herrschaft errichteten Bastionen dem Erdboden gleichgemacht und die Bischofsburg zerstört. Im frühen 19. Jahrhundert wurde der Domberg Teil des Universitätsgeländes, auf dem ein Park angelegt und Universitätsgebäude errichtet wurden. Heute bildet er das Herzstück des Universitätscampus. In den Ruinen der Kathedrale befindet sich das Tartuer Universitätsmuseum.
Die Kathedrale von Tartu ist eine der größten und dazu die einzige mittelalterliche Kirche mit zwei Türmen in Estland. Der Bau der Kirche begann im 13. Jahrhundert und dauerte bis ins frühe 16. Jahrhundert. Seit dem Frühjahr 2005 sind die Türme für Besucher geöffnet. Auf dem Domberg befindet sich außerdem die Teufelsbrücke (Kuradisild), eine der wenigen verbliebenen Betonbrücken aus dem frühen 20. Jahrhundert. Die Brücke wurde 1913 zum 300. Jahrestag der Romanow-Dynastie erbaut und dem Andenken Alexanders I. gewidmet. Ihr Name könnte auf den Kontrast zur nahegelegenen, leichteren Engelsbrücke (Inglisild) zurückzuführen sein, die 1838 fertiggestellt wurde. Der Name „Engelsbrücke“ wiederum ist eine Verwechslung mit dem Namen „Englische Brücke“. Der Park auf dem Domberg ist nämlich im englischen Stil gehalten.

Museen der Stadt Tartu
Tartu gilt als Stadt der Museen, da hier jeder Kulturliebhaber etwas nach seinem Geschmack findet. Im Tartuer Stadtmuseum können Sie einen genaueren Blick auf die vielfältige Geschichte der Stadt werfen. Hier finden Sie eine archäologische Sammlung, welche sich mit der älteren Geschichte Tartus befasst, eine Fotosammlung, welche die räumliche Entwicklung der Stadt thematisiert, sowie Archiv- und Objektsammlungen mit über 158.000 erhaltenen Objekten. Darüber hinaus gibt es Einrichtungen, die als Außenstellen des Stadtmuseums fungieren: Das Tartuer Bürgerhausmuseum aus dem 19. Jahrhundert stellt ein Bürgerhaus aus den 1830er Jahren mit Innenausstattung im Biedermeierstil vor. Das Museum ist in einem der ältesten noch erhaltenen Holzwohnhäuser Tartus untergebracht, das in den 1740er Jahren erbaut wurde. Das KGB-Zellenmuseum bietet einen Einblick in die Zellen des Tartuer Sowjet-/KGB-Gefängnisses. Das Oskar-Luts-Hausmuseum lädt Sie ein, das Haus des Schriftstellers in Tammelinn zu besuchen. Das Tartuer Sängerfestmuseum präsentiert die Tradition der estnischen Sängerfeste und die Rolle Tartus bei ihrer Entstehung.

Estnisches Nationalmuseum
Natürlich gilt das bereits im Jahr 1909 gegründete Estnische Nationalmuseum als Tartus spektakulärste Sehenswürdigkeit. Im Jahr 2016 erhielt das Museum sein neues Zuhause, das nur zwei Kilometer vom Stadtzentrum entfernt liegt. Der Museumskomplex umfasst neben dem neuen Hauptgebäude das Zentrum des alten Guts Ratshof (Raadi), den See, das Dendro- und Themenparkgelände sowie die Landebahn des teilweise erhaltenen Militärflughafens. Auf der 6000 m² großen Ausstellungsfläche finden Sie Dauerausstellungen zur Kulturgeschichte der estnischen und finno-ugrischen Völker sowie Kunstgalerien, und täglich finden verschiedene Musik-, Theater- und Filmveranstaltungen statt.

Johanniskirche und Johannis-Kulturviertel
Eines der bedeutendsten Bauwerke der Stadt ist die Johanniskirche, eines der einzigartigsten Beispiele mittelalterlicher Sakralbauten in Nordeuropa. Obwohl die Kirche mehrfach zerstört und wiederaufgebaut wurde, blieb ihre mittelalterliche Form weitgehend erhalten. Vom Glockenturm der Kirche hat man einen wunderbaren Blick auf die historische Altstadt von Tartu und das Johannis-Kulturviertel. Die St. Antonius-Gilde, die Künstler und Handwerker vereint, befindet sich im Antoniushof im Kulturviertel. Im Jahr 1449 gehörte das ausgedehnte Gebiet von der Väike-Gildi-Straße bis zur Lutsu-Straße der St.-Antonius-Gilde. In den drei Häusern gibt es Kunsthandwerkswerkstätten, die sich zwar auch von der Handwerkskunst der Vorfahren inspirieren lassen, vor allem aber bieten die Künstler moderne Designs an. Im Antoniushof erwarten Sie stimmungsvolle Open-Air-Veranstaltungen, Messen und Konzerte. Auch ein gemütliches Café-Restaurant lädt zum Verweilen und Genießen ein. Workshops werden vom Köösnerikoda (Kürschnerhaus), Maitseelamuste koda (Haus der Geschmackserlebnisse), Nahastuudio (Lederstudio), Jaanika kutsed (Jaanikas Einladungen) und Savikoda (Haus des Lehms) angeboten.

Pauluskirche
Einzigartig und eindrucksvoll unter den estnischen Kirchen ist die Pauluskirche in Tartu, entworfen von Eliel Saarinen, einem der bedeutendsten finnischen Architekten des 20. Jahrhunderts. Es handelt sich um ein außergewöhnliches Werk unter den Schöpfungen des Architekten, da es ihm gelungen ist, das Innere mit seinem eher geometrischen, nationalromantischen Design mit dem eher klassischen und monumentalen Äußeren zu verschmelzen. Im Zweiten Weltkrieg brannte die Kirche nieder und ihr Wiederaufbau unter den Bedingungen des Sowjetregimes war schwierig und zeitaufwendig. Im Jahr 2015 wurde die Kirche schließlich fertiggestellt. Die im Jugendstil erbaute Pauluskirche ist Estlands erstes und einziges Sakralgebäude in diesem Stil und damit ein einzigartiges Architekturdenkmal im gesamten Ostseeraum sowie eine faszinierende Touristenattraktion.

Theater
In Tartu steht Estlands ältestes Theater und das einzige Drei-Genre-Theater im Baltikum – das Vanemuine-Theater. Das Theater besteht aus drei verschiedenen Gebäuden – dem Großen Gebäude des Vanemuine-Theaters, das historische Kleine Gebäude des Vanemuine-Theaters im Jugendstil, welches das erste richtige Theatergebäude der Stadt war, und das Hafentheater im Black-Box-Stil, eine multifunktionale Theater- und Konzerteinrichtung am Ufer des Flusses Emajõgi. Im Vanemuine können Sie alle möglichen Genres der darstellenden Künste erleben – von Opern bis hin zu klassischen Dramen, von Musicals bis hin zu Kinderstücken, von modernem Ballett bis hin zu Sinfoniekonzerten. Das aktuelle Repertoire umfasst rund fünfzig verschiedene Produktionen unterschiedlicher Genres. Die Theatersaison dauert von September bis Mai, aber angesichts der verschiedenen Sommerprojekte kann man sagen, dass das Theater das ganze Jahr über aktiv ist. Das Neue Theater Tartu wird seit 2011 in einem mittelalterlichen Gebäude betrieben, in dem sich Mitte des 13. Jahrhunderts die Heilig-Geist-Kirche befand. Heute sind hier Inszenierungen unterschiedlicher Genres und mit unterschiedlichen Schauspielern zu sehen, denn jeder mit einer verrückten Idee kann sie dort verwirklichen. Das neue Theaterzentrum bringt die Theateraufführungen in Tartu auf ein neues Niveau, was auf jeden Fall ein lohnendes Erlebnis ist. Das Karlova-Theater ist ein weiteres kleines Theater, das in einem ehemaligen Gotteshaus untergebracht ist. Das heutige Theatergebäude wurde 1931 nach dem Entwurf des legendären Arnold Matteus als Gebetshaus für die Baptistengemeinde Tartu Kolgata errichtet. In diesem 2014 als Theaterhaus eingeweihten Gebäude können Sie sowohl verbale als auch musikalische Produktionen, Konzerte und sogar Ausstellungen estnischer Künstler erleben.

Gutshausarchitektur
Innerhalb der Stadt gibt es eine Reihe von Gutshäusern, die geschichts- und kulturträchtig und aufgrund ihrer Architektur und Vergangenheit bemerkenswert sind. Das Gut Techelfer (Tähtvere), das heute innerhalb der Stadtgrenzen liegt, war früher Teil der Gemeinde Nõo. Im Mittelalter gehörte das Gut dem Bischof von Tartu. Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich im Hauptgebäude das Estnische Institut für Tierhaltung und Veterinärmedizin. Heutzutage ist das Guthaus eines der akademischen Gebäude der Estnischen Universität der Umweltwissenschaften, weshalb seine Architektur nur von außen besichtigt werden kann. Das Gut Karlowa (Karlova) wurde 1793 gegründet, als es vom Gut Techelfer abgetrennt wurde. Im Jahr 1828 gelangte das Herrenhaus in den Besitz von Thaddäus von Bulgarin, der das Gebäude auf die doppelte Größe erweitern ließ. Es wurde zum Zentrum des lokalen russischen Kulturlebens dieser Zeit. Das Besondere am Herrenhaus war seine umfangreiche Kunst-, Buch- und Raritätensammlung sowie die größte Kartensammlung des gesamten Russischen Reiches. Zurzeit wird das Innere des Gutshofes teilweise renoviert. Nach Voranmeldung finden hier Führungen mit der Reiseleiterin Elina Aro statt. Das einstöckige Herrenhaus aus Stein in Ropka wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaut. Die Gebäude des Guts Ropkoy (Ropka) liegen auf beiden Seiten der Ropka-Straße. Von dem Komplex sind noch das Haus des Landarbeiters, der Viehstall, umgebaute Ställe, die zu AS Eviko gehören, ein Getreidespeicher, ein Keller und der Gutspark erhalten. Im Park gibt es drei Teiche, von denen einer restauriert werden soll. Das Gebäude befindet sich in Privatbesitz und kann nur von außen besichtigt werden. An der Grenze zwischen der Stadt Tartu und dem Landkreis Tartu steht das Gut Ratshof (Raadi), dessen Glanzzeit die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war, als die Besitzer engen Kontakt zu namhaften Musikern und Persönlichkeiten aus der Kunstszene pflegten. Das Herrenhaus zeichnete sich unter anderem durch seine reiche Kunstsammlung, seine Bibliothek und seine Salonabende aus. Der Wasserturm, der Eiskeller und die restaurierte Umfassungsmauer des Guts, der natürliche Raadi-See im Zentrum des Gutskomplexes und der restaurierte Gutspark sind alle für Besucher geöffnet.

Holzviertel
Das Mitte des 18. Jahrhunderts entstandene historische Viertel Supilinn (Suppenstadt) ist als ehemaliges Elendsviertel und Vorort ein einzigartiger Ort. Die besonderen Holzhäuser in verschiedensten Farben, die grünen Gärten, der Fluss Emajõgi und der Froschteich schaffen einen Ort, an dem Stadt und Land aufeinandertreffen, und tragen zur Identität und zum Gemeinschaftsgefühl bei, das die Bewohner von Supilinn auszeichnet. Bereichert wird das Ganze durch die Dorfschaukel, den legendären Herne-Laden (Erbsenladen), die Bäckerei Saiasahwer (Brotvorrat), der einzigartige Straßenkunst und den jährlichen Nachbarschaftstagen im Frühling. Die Holzhäuser in den Straßen Lutsu, Jaani und Lai sind Tartus älteste Holzhäuser und wurden im 18. Jahrhundert erbaut. Es handelt sich um eingeschossige Häuser im Barockstil mit Walm- und Krüppelwalmdächern und frühklassizistischen Grundrissen, bei denen auch die Mantelkamine erhalten geblieben sind. Vom großen Brand des Jahres 1775 blieben all diese Gebäude verschont. Im Theaterhaus des Spielzeugmuseums an der Adresse Lutsu 2 können die Besucher noch heute einen mittelalterlichen Hypokaustenofen besichtigen. Darüber hinaus sind im Gebäude auch das älteste Originaltor und die älteste Originaltür von Tartu ausgestellt. Historische Holzgebäude finden sich auch im Stadtteil Karlova, wo jährlich die Karlova-Tage organisiert werden, um eine ganze Woche lang das großartige Viertel mit seinen Holzbauten zu feiern.