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Wegweiser durch Tartu für Kulturinteressierte

Schon seit Jahrhunderten ist Tartu eine geschätzte Kulturstadt. Aus der hiesigen Universität ging die nationale Elite hervor, hier nahmen die ersten Zeitungen und Kulturvereine ihre Tätigkeit auf, hier entstand das estnische nationale Theater und auch das erste allgemeine Sängerfest fand hier statt. Die Geschichte und den Geist von Tartu tragen neben der Universität auch mehrere Holzhaus-Stadtteile, historische Gebäude, eigenwillige Museen und vieles mehr.

 

 

 

Auf dem Rathausplatz, dem trapezförmigen zentralen Platz der Stadt mit seiner klassizistischen Bebauung, befand sich im 18. Jahrhundert der wichtigste Markt der Stadt - der Große Markt. Am Platz steht das frühklassizistische Rathaus, das schon das dritte Gebäude an dieser Stelle ist. Seit 1998 schmückt den Vorplatz des Rathauses ein Springbrunnen mit der Figur zweier küssenden Studenten, der zu einem beliebten Treffpunkt geworden ist. Im Rathausturm spielt jeden Tag ein Glockenspiel, von dem 18 Glocken in der Glockengießerei in Karlsruhe und 16 Glocken, zum 15. Jahrestag des Glockenspiels, in der Holländischen Königlichen Glockengießerei hergestellt wurden.

 

Altstadt von Tartu, Tarmo Haud

 

Gerade die Architektur macht den Rathausplatz und das Rathaus zu interessanten Sehenswürdigkeiten. An der Nordseite des Platzes steht das Schiefe Haus, das auffälligste und eindrücklichste Gebäude dort. Das Haus wird auch der Tartuer Turm von Pisa genannt, weil sich das Haus zur Seite neigt. In dem Gebäude befindet sich das Tartuer Kunstmuseum. Das gelbe Fenster von National Geographic an der Fluss-Seite des Platzes markiert Tartu als einen der 21 Orte in Süd-Estland, die besonders entdeckenswert sind.

 

Gelbes Fenster von National Geographic und das schiefe Haus von Tartu, Ruth Pindus

 

 

Die Entwicklung Tartus als Kulturstadt wurde stark von der 1632 gegründeten Universität Tartu beeinflusst, deren Hauptgebäude unbestreitbar eine Perle der Architektur darstellt. Das Gebäude wurde 1804-1809 nach dem Entwurf von Johann Wilhelm Krause errichtet, am 3. Juli 1809 wurde es feierlich eröffnet. Seitdem ist die Aula im Hauptgebäude ein wichtiger Teil aller großen Ereignisse und Festtage des Universitätslebens. Dort werden Konferenzen veranstaltet und, dank der ausgezeichneten Akustik, auch Konzerte. Über das Kunstmuseum der Universität kann man die im klassizistischen Stil gehaltene Aula und den ehemaligen Studentenkarzer im Dachgeschoss des Hauptgebäudes besichtigen. Das Universitätsmuseum in der Domkirche stellt die Geschichte der Wissenschaft und Hochschulbildung vom 17. Jahrhundert bis heute dar. Zur Universität gehören auch die Sternwarte, das Alte Anatomikum und der Botanische Garten.

 

Hauptgebäude der Universität Tartu, Ragnar Vutt

 

 

Für einen Spaziergang durch das Zentrum des mittelalterlichen Bistums Dorpat sollte man seine Schritte auf den Domberg lenken. In der Frühzeit lag dort die älteste Festung der Esten Tarbatu und später das Zentrum des Bistums mit der Bischofsfestung und der Domkirche. Nach dem Nordischen Krieg wurden die während der schwedischen Herrschaft errichteten Bastionen eingeebnet und die Bischofsfestung zerstört. Anfang des 19. Jahrhunderts ging der Domberg in den Besitz der Universität über und es wurden dort ein Park und Universitätsgebäude angelegt. Das Gebiet bildete das Herz des Universitätscampus. Heute befindet sich in den Ruinen der Domkirche das Universitätsmuseum. Die Domkirche ist eine der größten und die einzige mittelalterliche Kirche mit zwei Türmen in Estland. Der Bau der Kirche wurde im 13. Jahrhundert begonnen und bis ins 16. Jahrhundert vervollständigt. Seit dem Frühjahr 2005 sind die Türme für Besucher geöffnet.

 

Ruinen der Domkirche, Kiur Kaasik

 

 

Auf dem Domberg befindet sich auch die Teufelsbrücke, eine der wenigen noch erhaltenen Betonbrücken vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Brücke wurde zum 300-jährigen Jubiläum der russischen Zarendynastie Romanow 1913  gebaut und ist Alexander dem I. gewidmet. Der Name der Brücke kommt wahrscheinlich vom Gegensatz zur ganz in der Nähe liegenden, helleren Engelsbrücke, die 1838 fertiggestellt wurde. Der Name dieser Brücke soll von der Bezeichnung „Englische Brücke“ herrühren, da der umliegende Park auf dem Domberg im englischen Stil gehalten war.

 

Teufelsbrücke, Mall Kullamaa

 

 

 

Tartu gilt als Stadt der Museen, hier findet jeder Kulturfreund etwas passendes für sich. Im Stadtmuseum lernen Sie die vielseitige Geschichte der Stadt kennen, finden eine Archäologiesammlung über die Frühzeit von Tartu, eine Fotosammlung über die räumliche Entwicklung der Stadt sowie Archiv- und Objektsammlung mit über 158 000 erhaltenen Einheiten. Zum Stadtmuseum gehören auch mehrere Filialen: das Museum des Stadtbürgers des 19. Jahrhunderts, das ein bürgerliches Heim aus den 1830er Jahren mit Einrichtung im Biedermeier-Stil vorstellt. Das Museum befindet sich in einem Holzhaus aus den 1740er Jahren, das in Tartu eines der ältesten ist; das KGB-Museum bietet einen Einblick in die Zellen der Untersuchungshaftanstalt der Tartuer Abteilung des NKWD (KGB); das Hausmuseum von Oskar Luts lädt ein das Zuhause des beliebten Schriftstellers im Stadtteil Tammelinn zu entdecken; das Sängerfestmuseum stellt die Tradition der estnischen Sängerfeste und die Rolle von Tartu bei deren Entwicklung vor.

 

 

Stadtmuseum, M. Tann

 

 

 

Als die strahlendste Perle von Tartu gilt natürlich das Estnische Nationalmuseum. 2016 erhielt das Museum ein neues Zuhause, das nur zwei Kilometer von der Innenstadt entfernt liegt. Neben dem neuen Museumsgebäude umfasst der Komplex das alte Gutshaus Raadi, den See, das Gebiet des Dendro- und Themenparks und die teilweise erhaltene Startbahn des Militärflughafens. Auf den 6000 m2 Ausstellungsfläche finden Sie die Dauerausstellungen zur Kulturgeschichte Estlands und der finnougrischen Völker, Kunstgalerien und täglich stattfindende Musik-, Theater- und Filmaufführungen.

 

Estnische Nationalmuseum, Simo Sepp

 

 

 

Eines der bedeutendsten Gebäude der Stadt ist die Johanniskirche, die eines der einzigartigsten Beispiele für mittelalterliche Sakralbauten in Nordeuropa ist. Auch wenn die Kirche wiederholt zerstört und wiederaufgebaut wurde, so hat sie ihre allgemeine Form aus dem Mittelalter doch behalten. Vom Glockenturm der Kirche aus eröffnet sich dem Besucher eine wunderschöne Aussicht auf die Altstadt von Tartu und das Johannisviertel. Im Antoniushof im Johannisviertel liegt die Antoniusgilde für Künstler und Handarbeiter. 1449 gehörte das Areal, das von der Kleinen Gildenstraße bis zur Lutsu-Straße reicht, der St. Antonius Gilde. In den drei Häusern befinden sich Werkstätten für Kunst und Handarbeit. Die Ideen für die dort entstehenden Erzeugnisse stammen zwar auch von der überlieferten Handarbeitskunst, doch vor allem bieten die Künstler modernes Design an. Im Hof der Antoniusgilde finden Freiluftveranstaltungen, Märkte und Konzerte statt, es gibt dort ein Café und Restaurant. Workshops werden von der Kürschnerwerkstatt, der Werkstatt für Geschmackserlebnisse, dem Lederstudio, dem Papierstudio und  der Töpferwerkstatt angeboten.

 

Johanniskirche, Tiit Grihin

 

 

 

Ein einzigartiges und ausladendes Exemplar der Tartuer Kirchen ist die Pauluskirche, die von Eliel Saarinen, einem der ausgezeichnetesten Architekten Finnlands des 20. Jahrhunderts, entworfen wurde. Im Gesamtwerk des Architekten bildet die Kirche eine große Ausnahme, wo er das nationalromantisch und geometrisch gestaltete Innere und das klassisch und monumental gestaltete Äußere der Kirche auf gelungene Weise miteinander verbindet. Im Zweiten Weltkrieg brannte die Kirche und ihr Wiederaufbau unter den Bedinungen des Sowjetregime war schwierig und zeitaufwendig. Ganz fertig wurde die Kirche im Jahr 2015. Die Pauluskirche ist die erste Kirche Estlands im neuen Stil und die einzige im Jugendstil, was sie in der ganzen Ostseeregion zu einem einzigartigen Architekturdenkmal und einer interessanten Sehenswürdigkeit macht. 

 

Pauluskirche, Are Tralla

 

 

In Tartu steht das Vanemuine Theater - das älteste Theater Estlands -, das auch gleichzeitig das einzige Drei-Genre-Theater im Baltikum ist. Das Theater verfügt über drei Häuser: das große Haus, das historische kleine Haus im Jugendstil, das  damals das erste ordnungsgemäße Theatergebäude der Stadt war, und das am Ufer des Emajõgi gelegene Hafentheater im Black-Box-Stil, einen multifunktionalen Theater- und Konzertraum.  Das Vanemuine bietet alle denkbaren Genres der Unterhaltungskunst - von der Oper bis zum klassischen Drama, vom Musical zur Kindervorstellung, vom modernen Ballett zum Symphoniekonzert. Im laufenden Repertoire gibt es etwa fünfzig Inszenierungen verschiedener Genres. Die Theatersaison läuft von September bis Mai, doch dank verschiedener Sommerprojekte kann man sagen, dass das Theater das ganze Jahr über spielt. Das Neue Theater Tartu ist seit 2011 in einem mittelalterlichen Gebäude untergebracht, wo sich im 13. Jahrhundert die Heiliggeistkirche befand. Heute gibt es dort Aufführungen aus den verschiedensten Genres und mit den verschiedensten Darstellern, weil jeder, der eine verrückte Idee hat, diese dort auf der Bühne umsetzen kann. Das Theaterzentrum hebt das Theater in Tartu auf ein neues Niveau, das sich zu erleben lohnt. Das Theater Karlova ist ein weiteres Kleintheater, das in einem ehemaligen Gotteshaus untergebracht ist - das jetzige Theaterhaus wurde 1931 als Gebetshaus für die Tartuer baptistische Kolgata Gemeinde nach einem Entwurf des legendären Architekten Arnold Matteus errichtet. In dem 2014 als Theatergebäude eingeweihten Haus kann man sowohl Theater- als auch Musikaufführungen ansehen, wie auch Konzerte und Ausstellungen estnischer Künstler genießen.

 

Vanemuine Theater - das älteste Theater Estlands, Heikki Leis

 

 

 

Innerhalb der Stadtgrenzen gibt es mehrere Gutshäuser mit historischem und kulturellem Flair, die aufgrund ihrer Architektur und Geschichte einen Besuch wert sind. Das Gutshaus Tähtvere, das heute innerhalb der Stadtgrenze liegt, gehörte früher zum Kirchspiel Nüggen (heute Nõo). Im Mittelalter gehörte das Gutshaus dem Bischof von Tartu und nach dem Zweiten Weltkrieg bezog das Estnische Tierzucht- und Veterinärinstitut das Hauptgebäude des Guts. Heute ist das Gutshaus eines der Lehrgebäude der Estnischen Universität für Umweltwissenschaften und das Gebäude und seine Architektur kann man nur von außen betrachten. Das Gutshaus Karlova wurde 1793 gegründet, als dieses vom Gutshaus Tähtvere abgeteilt wurde. 1828 wurde Thaddeus von Bulgarin Besitzer des Gutshauses, der das Gebäude auf das Doppelte vergrößern ließ. Das Gutshaus war damals ein Zentrum des örtlichen russischen Kulturlebens. Außergewöhnlich war das Gutshaus wegen seiner reichhaltigen Kunst-, Bücher- und Raritätensammlung und der größten Landkartensammlung im ganzen russischen Imperium. Heute ist das Gutshaus innen teilweise renoviert und nach Vorbestellung  kann man das Gutshaus mit der Fremdenführerin Elina Aro besichtigen. Das steinerne einstöckige Gutshaus Ropka wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaut. Die Gebäude von Ropka liegen beiderseits der Ropka-Straße, von der Anlage sind heute noch das Vorratslager, der Viehstall, ein umgebauter Stall, der der Firma AS Eviko gehört, die Scheune, der Keller und der Park erhalten. Im Park gab es drei Teiche, von denen einer wiederhergestellt werden soll. Das Gebäude ist in Privatbesitz und man kann es nur von außen anschauen. An der Grenze zwischen der Stadt und der Gemeinde Tartu liegt der Gutshof Raadi, dessen Blütezeit in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts lag, als die Besitzer enge Kontakte zu namhaften Musikern und Künstlern unterhielten. Das Gutshaus hob sich von anderen Gutshöfen dadurch ab, dass es eine reichhaltige Kunstsammlung und Bibliothek hatte und Salonabende veranstaltete. Für Besucher sind der Wasserturm, der Eiskeller und die restaurierte Ummauerung zugänglich sowie der natürliche See in der Mitte der Anlage und der wiederhergestellte Gutspark.

 

  • Holzhäuser

 

Der Mitte des 18. Jahrhunderts entstandene Stadtteil Supilinn (wörtlich: die Suppenstadt), früher Vorort und Armenviertel der Stadt, ist heute ein einzigartiger Ort. Mit den bunten, eigenwilligen Holzhäusern, grünen Hinterhöfen, dem Fluss Emajõgi und dem Froschteich treffen sich hier Stadt und Land, sie sind Teil der Identität und des Zusammengehörigkeitsgefühls der „Suppenstädter“. Seinen besonderen Charme verleihen dem Stadtteil außerdem seine Dorfschaukel, das Denkmal für den Hund Riki, der legendäre Herne-Lebensmittelladen, die Bäckerei Saiasahwer, Straßenkunst und die Stadtteiltage im Frühjahr. Die Holzhäuser in der Lutsu, Jaani und Lai-Straße sind die ältesten Holzhäuser in Tartu, sie wurden im 18. Jahrhundert errichtet. Es handelt sich um eingeschossige Häuser mit barocken Walm- und Halbwalmdächern und frühklassizistischen Grundrissen, in denen auch die Mantelschornsteine noch erhalten sind. Alle Häuser überstanden den großen Brand von 1775 unversehrt. Im Haus an der Adresse Lutsu 2, im Theaterhaus des Spielzeugmuseums, ist die Hypokaustheizung noch vorhanden, die man auch besichtigen kann. Außerdem hat dieses Haus die älteste Originalhaustür in Tartu.  Historische Holzgebäude kann man auch im Stadtteil Karlova bewundern, wo jedes Jahr die Karlova-Tage stattfinden. Bei dieser Veranstaltung wird der große Holzhaus-Stadtteil eine ganze Woche lang genauer vorgestellt.

 

Stadtteil Karlova, Tiit Grihin

Zuletzt aktualisiert: 05.05.2023

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